Weitergehen und jeden Tag ein Stück wachsen ...
Eintrag vom 15.06.2021
Berufliches Coaching für Migrant*innen mit POINT
Sara Banifatemi war Teilnehmerin des GOLDNETZ Modellprojektes POINT.
Potentiale integrieren. Wir freuen uns, dass Sara für ein kurzes Interview Zeit hatte ...
Goldnetz: Liebe Sara, wie geht es Dir und wo stehst Du gerade?
Sara:
Mir geht es gut! Ich habe wahnsinnig viel zu tun und zu lernen. Ich bin mit dem 4. Semester meiner Ausbildung zur Hotelfachfrau fertig und mein Schreibtisch ist voll! Zum Beispiel lerne ich gerade deutsche Schreibschrift, ich konnte die handgeschriebenen Notizzettel meiner Chefin nicht lesen. Im Iran habe ich Druckschrift gelernt und nun lerne ich mit einem Grundschul-Schreibschriftlernheft sozusagen noch einmal neu schreiben …
Goldnetz: Wie siehst Du Deine Entscheidung heute? Bist Du zufrieden mit Deiner Wahl für diese Ausbildung? Du bist ja eigentlich Physikerin?
Sara: Ja, ich habe einen Master in Physik und habe als Lehrerin gearbeitet, bevor ich nach Deutschland kam. Ich habe erst ein Praktikum beim Crown Plaza gemacht, da war ich noch bei POINT – und nach der ersten Woche, habe ich gesagt: Nein, ich will aufhören, das ist nichts meins. Die POINT Mitarbeiter*innen haben mich ermutigt, nicht gleich abzubrechen, aber nach der zweiten Woche habe ich immer noch gesagt, nein das ist nicht mein Weg. Okay, hieß es, mach doch Dein Praktikum vielleicht noch zu Ende, es ist ja nicht mehr viel Zeit. Nach der dritten Woche wollte ich eine Ausbildung machen!
Goldnetz: Ok, was ist da passiert?
Sara: Die Ausbildung ist so unglaublich vielfältig, ich lerne von: Was ist eigentlich ein Schuhanzieher, über Weinverkostung, Marketing, Buchhaltung - alles! Ich kann jetzt eine Veranstaltung professionell vorbereiteten aber auch als Zimmermädchen einspringen. Im Moment denke ich, meine Kinder, wenn ich mal welche habe, sollten auf jeden Fall diese Ausbildung machen, sie funktioniert als Vorbereitung für jede berufliche Richtung, in die man gehen will.
Goldnetz: Liebe Sara, wie ich Dich kennengelernt habe, bist Du aber auch eine besonders offene, kommunikationsstarke und zielorientierte Persönlichkeit, das hört sich nach vielen Herausforderungen an …
Sara: Jaaa (lacht), Dankeschön! Du weißt nicht, wie oft ich mich einfach dumm fühle – meine Kolleg*innen sind so perfekt, sie sprechen u.a. 5 Sprachen und ich habe immer so viele Fragen, die stelle ich auch! Ich sage mir immer, das wichtigste ist: Weitergehen! Das funktioniert.
Goldnetz: Hast Du Pläne nach der Ausbildung? - eigentlich bin ich mir sicher, dass Du Pläne hast!
Sara: Na, klar. Ich möchte gerne 5-6 Jahre arbeiten, dann wird mein Deutsch so gut sein, dass ich hier als Lehrerin arbeiten könnte, das wäre mein Ziel. Deutsch lernt man am besten im Arbeitszusammenhang. Da hat man die Motivation vor der Nase, ich glaube das wäre für viele geflüchtete Frauen besser.
Goldnetz: Wie meinst Du das?
Sara: Sie müssten raus in die Welt und können sich nicht im Sprachkurs verstecken. Viele haben keine guten Lernerfahrungen und dann können sie 10 Jahre in den Sprachkurs gehen und immer noch kein Deutsch sprechen. Für mich war die praktische Erfahrung direkt im Job das Beste, was mir passieren konnte. Wenn Du arbeitest, wächst Du jeden Tag. Der berufliche Alltag mit meinen Kolleg*innen ist für mich die Motivation, weiterzulernen.
Goldnetz: Wir danken Dir, Sara!